ASGB Zeitung Aktiv 1/2024 vom 5.2.2024
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Interview mit der Präsidentin der Berufskammer der Medizinischen Röntgentechniker und der Gesundheitsberufe aus den Bereichen Sanitätstechnik, Rehabilitation und Prävention, Irene Rigott
Irene Rigott: Zu den Hauptaufgaben zählt sicher die vom Gesetz vorgeschriebene Verwaltung der Kammer. Interessanter für die Leser sind aber sicherlich die Visionen und strategischen Ziele. Vielleicht muss man vorausschicken, dass die Kammer mit dem jetzigen Verwaltungsrat erst im April 2021 konstituiert worden ist, und während des epidemiologischen Notstands Covid-19 eine normale Kammerarbeit nicht möglich war – da waren unsere Ressourcen vor allem in die Kontrolle der Impfpflichten eingebunden. Deshalb erachten wir es als unsere primäre Aufgabe, die der Kammer angehörigen 18 Gesundheitsberufe in der Öffentlichkeit bekannt zu machen, um auch die notwendige Wertschätzung der Berufe verlangen zu können. Die Berufsangehörigen unserer Kammer sind sowohl im Krankenhaus als auch im Territorium, also den Gesundheits- und Sozialsprengeln, in Ambulatorien und auch als Selbstständige tätig. Viele dieser Berufe sind kaum bekannt – sogar die öffentliche Verwaltung hat sie schon falsch benannt. Da anzusetzen und dies zu ändern hat für uns Priorität. Deshalb planen wir dieses Jahr eine Informationskampagne, um der Öffentlichkeit unsere Berufe vorzustellen. Dieses Vorhaben zielt darauf ab, einerseits die Diversität aufzuzeigen, andererseits die Gleichwertigkeit und Wichtigkeit aller im Gesundheitswesen tätigen Fachkräften zu unterstreichen.
Irene Rigott: Unseres Erachtens ist es wichtig, in den Schulen direkt Kontakte zu knüpfen, um den Schülern die Berufe näherzubringen. Unserer Kammer gehören auch Berufe an, die an der Claudiana nicht unterrichtet werden, nach denen aber in Krankenhäusern, im Territorium oder im privaten Sektor eine große Nachfrage herrscht. Viele Schüler können wir durch diese Kontaktaufnahme im direkten Gespräch begeistern. Jeder Schüler hat individuelle Interessen und genauso breit ist das Angebot an möglichen Berufen. Wir freuen uns immer über jeden Jugendlichen, den wir für einen der Kammer angehörigen Berufe begeistern können. Der Fachkräftemangel ist in vielen Berufen nämlich evident. Einer der wesentlichen Gründe dafür ist sicherlich der Umstand, dass Covid das Image vieler Berufe geschwächt hat. Seitdem ist es die weitläufige Meinung, dass Berufe im Gesundheitssektor mit großem Stress verbunden sind. Weitere Gründe sind sicher auch die Tatsache, dass die Geburtenrate gesunken ist und dass es in der Generation der sogenannten „Babyboomer“ jetzt zu vielen Pensionierungen gekommen ist. Deshalb fordern wir auch immer wieder, auch für unsere Berufe die Ausarbeitung von Anreizmaßnahmen, damit für Interessierte ein Studium an einem anderen Standort gefördert wird, und eine Ausweitung des Studienangebots über die Claudiana. Es hat diesbezüglich auch schon mehrere Beschlüsse der Landesregierung gegeben, schlussendlich hat es dann leider nicht für alle Berufe funktioniert.
Irene Rigott: Es kommt darauf an, mit welchen Institutionen man spricht. In den meisten Fällen steht die Kommunikation auf einer positiven Basis. Tatsache ist aber, dass es Forderungen gibt, die letztendlich nicht in politische Maßnahmen umgesetzt werden. So wurde dem Wunsch die sogenannte „Laurea Magistrale“ (Magisterstudium) auch für die Bereiche Sanitäts-Technik und Rehabilitation in der Claudiana anzubieten, bisher noch nie konkret nachgekommen.
Irene Rigott: Dazu nur so viel: Es wurde angekündigt, dass es sich dabei um ein Pilotprojekt handelt, welches auch auf die anderen Studiengänge ausgeweitet werden kann. Da erwarten wir uns eine Nachbesserung.
Irene Rigott: Um die wohnortnahe Versorgung umzusetzen, werden mit Mitteln des europäischen Aufbaufonds PNRR Gemeinschaftshäuser und Gemeinschaftskrankenhäuser gebaut. Dort werden die Gesundheitsberufe aus den sanitäts-technischen, rehabilitativen und präventiven Bereichen genauso benötigt. Da stellt sich die Frage, wie die notwendigen Dienste mangels Fachkräfte besetzt werden sollen. Ich sage es mal ganz plakativ: Um alle Stellen, für die Bedarf im Gesundheits- und Sozialwesen gemeldet wurde, zu besetzen, müsste man drei Jahre lang 50 Prozent aller Maturanten rekrutieren und in dem Bereich ausbilden; und dann hoffen, dass alle in Südtirol in den Beruf einsteigen und im Beruf bleiben.Gerade deshalb ist es so wichtig, dass wir als Berufskammer Öffentlichkeitsarbeit betreiben, um den Blickwinkel zu erweitern und zu schärfen.Für die uns knapp 1500 angehörigen Mitglieder sind wir als Kammer natürlich immer als Ansprechpartner da und wir arbeiten daran, Sichtbarkeit und Attraktivität zu stärken.